Blaues Kreuz München e.V. muss Klientenfahrten von der Entgiftung zur therapeutischen Klinik einstellen.

Presseerklärung:

Für den Vorstand des Blauen Kreuzes München e.V. war die Entscheidung, gerade aufgrund der stetig steigenden Nachfragesituation und der in allen Fällen unbedingt erforderlichen Hilfestellung für den Klienten, nicht leicht gefallen. Das Modell der Klientenfahrten, dass sich seit vielen Jahren bewährt hat, musste nun bis auf Weiteres aufgrund der regressiven Vorgehensweise der Kostenträger und des auch damit verbundenen ständig anwachsenden Verwaltungsaufwandes eingestellt werden.

Bisher wurde die Koordination und Abwicklung der Klientenfahrten durch den Verein ehrenamtlich geleistet und die Fahrer durch eine in keiner Weise kostendeckende Kilometerpauschale abgegolten. Dies ist für den Verein auch im Hinblick auf seine Kernaufgabe, der Suchtkrankenhilfe mit seinen 61 Selbsthilfegruppen derzeit größter Anbieter in der LH München, nicht länger hinnehmbar. Die intensiven Bemühungen seitens des Vorstands, eine Einigung zur Übernahme der Kosten für die Koordination und Abwicklung, sowie eine kostendeckende Vereinbarung für die Fahrer mit den Kostenträgern herbeizuführen, blieben leider erfolglos.

Besonders schmerzlich und nicht nachvollziehbar ist dies, wenn man die "Handlungsempfehlungen der Deutschen Rentenversicherung (DRV), der Gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) und der Deutschen Krankenhausgesellschaft (DKG) für die Verbesserung des Zugangs nach qualifiziertem Entzug in die medizinische Rehabilitation Abhängigkeitskranker vom 1. August 2017 berücksichtigt. Hier heisst es u.a. " „Herzstück“ der Handlungsempfehlungen bildet die begleitete Verlegung vom Krankenhaus in die Entwöhnungseinrichtung. Das bedeutet, die Patientin/der Patient wird in der Regel von einer Mitarbeiterin/einem Mitarbeiter der Entwöhnungseinrichtung oder einer Suchtberatungsstelle, alternativ durch Angehörige der Suchtselbsthilfe, bei der Anreise begleitet". Dies zeigt, dass die Kostenträger sehr wohl die Notwendigkeit der Begleitung der Klienten durch ausgebildetes Personal sehen, die Kosten in erheblichem Maße jedoch auf die Suchthilfeeinrichtungen verlagern, die diese ehrenamtlich bereit stellen sollen. Dies ist nicht akzeptierbar.

Der Punktekatalog der vom Blauen Kreuz München e.V. den Kostenträgern vorgelegt wurde ist nicht auf Gewinnerzielung ausgelegt, sondern dient rein der Deckung der entstehenden Kosten:
– Kilometerpauschale von einheitlich 0.35 €
– ab 350 km einfache Entfernung von der Therapieklinik eine Übernachtungspauschale von 60 € und Verpflegungspauschale von 30 € für den Fahrer
– von 200 km bis 349 km einfache Entfernung zur Therapieklinik und Verpflegungspauschale von 15 € für den Fahrer
– Übernahme von evtl. anfallenden Reinigungskosten des Fahrzeugs gegen Rechnung
– sollte seitens der Kostenträger entschieden werden dass eine Fahrt zur Therapieeinrichtung als Entgiftungsfahrt zu beurteilen ist, obliegen die sich daraus ergebenden Rückforderungen an den Klienten ausschliesslich den Kostenträgern (Anm.: Den ehrenamtlichen Fahrern/Begleitern ist es nicht gestattet einen Alkoholtest zum Antritt der Fahrt vorzunehmen.)
– eine Verwaltungspauschale für den Organisationsaufwand der dem BKMeV entsteht von 100 €

Der Hintergrund: Nach Entgiftung durch entsprechende Einrichtungen werden Klienten zur stationären Therapie weitergeleitet um eine Stabilisierung und ein Leben ohne Sucht einleiten zu können. Für den Klienten oftmals ein schwerer Schritt in ein neues Leben, der mit Ängsten und wesentlichen Veränderungen in der bisherigen Lebensführung verbunden ist.  Die Fahrt zur Suchteinrichtung - soweit diese aufgrund der psychischen Situation nicht vom Klienten selbständig vorgenommen werden konnte - wurde vom Blauen Kreuz München e.V. ehrenamtlich durchgeführt. Diese Klientenfahrt erfordert ein besonders hohes Einfühlungsvermögen und Verständnis der besonderen Situation durch den Begleiter und wurde daher, von in der Suchtkrankenhilfe ausgebildeten und auf die besonders schwierigen Umstände einer solchen Fahrt vorbereitete Fahrer vorgenommen. Die Fahrten wurden mit eigenem PKW übernommen. Die Koordination und Abrechnung mit den Kostenträgern und Fahrern lief über das Büro des Blauen Kreuzes München e.V. und wurde bisher ehrenamtlich geleistet. Die in den letzten Jahren stetig steigende Nachfragesituation beweist nachdrücklich den Bedarf an diesen Klientenfahrten. Mit ca. 100 Klientenfahrten mit einem durchschnittlichen Verwaltungsaufwand pro Fahrt von 3 Stunden, eine Situation die ehrenamtlich zusätzlich zu den Kernaufgaben des BKMeV nicht mehr zu bewältigen ist.

Wir möchten Sie bitten, uns mit Ihrer Berichterstattung zu unterstützen, um auf diese Situation in der Öffentlichkeit aufmerksam zu machen und bundesweit, auch im Sinne unserer Partner im Suchthilfenetzwerk, ein Umdenken bei den Kostenträgern herbeizuführen. Gerade auch "alte" der aktuellen Situation nicht angepasste gesetzliche Vorschriften, auf die sich die Kostenträger zurückziehen, müssen zur Disposition gestellt werden um die Abwicklung der Klientenfahrten an die Erfordernisse einer sich dynamisch verändernden Gesellschaft und einem Umdenken im Gesundheitswesen anzupassen.

Schön formulierte Willenserklärungen die aus Imagegründen in die Öffentlichkeit getragen werden, müssen zum Wohle des Patienten konsequent mit allen am Ablauf Beteiligten verhandelt und gemeinsam umgesetzt werden, sonst bleibt es bei einer "Handlungsempfehlung" und der Patient oftmals auf der Strecke. Dieser wird bei Nichtantritt der Therapie in seiner Behandlung um Monate zurückgeworfen, verliert den Mut zum weiteren Handeln und reiht sich unter Umständen wieder in den Teufelskreis der Sucht ein - der letztendlich zum Tode führt.

Dies kann, im Sinne der Belastung für die öffentlichen Kassen und des Auftrages der Kostenträger auch gegenüber der Allgemeinheit nicht beabsichtigt sein.

Wir würden uns freuen, wenn wir hier mit Ihrer Mithilfe rechnen können, um ein Umdenken bei den Kostenträgern zu erwirken, um die Klientenfahrten zum Wohle und Schutz der Klienten in absehbarer Zeit wieder aufnehmen zu können.