Leben ohne Alkohol! Na dann, prost!

Unser Autor trinkt nur Wasser und Fanta, auch wenn alle andere schon lallen. Wie das geht, ohne sozial auffallend zu werden? Ein paar nüchterne Gedanken zum Rausch.

Von Roman Deininger

Ich habe ein Alkoholproblem. Es gibt eine schöne Szene, die veranschaulicht mein Problem ganz gut. Die Szene wiederholt sich alle paar Jahre mit großer Verlässlichkeit. Auf gewisse Weise wird sie jedes Mal schöner.
Ich komme mit dem Auto in eine Verkehrskontrolle. Bremsen, Fenster runter, der Polizist sagt: "Führerschein und Fahrzeugschein, bitte." Bis dahin läuft es meistens recht gut. Dann fragt der Polizist: "Wann haben Sie zuletzt etwas getrunken?" Und ich sage: "Juni 1996." Der Polizist sagt dann wirklich immer: "Mal aussteigen, bitte."

Wenn die Wahrheit ist, dass man keinen Alkohol trinkt, also keinen Schluck, und das seit Juni 1996 - dann kann dieses Land mit der Wahrheit nicht umgehen. Die Deutschen trinken, wenn es etwas zu feiern gibt, sie trinken, wenn es etwas zu trauern gibt, und sie trinken auch, wenn einfach mal gar nichts los ist. Was sich viele nicht vorstellen können: Mit dem Nicht-Trinken verhält es sich ganz genauso.

(Artikel: Süddeutsche Zeitung vom 23.12.2015)

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